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Die Geschichte von Frau Sommer und Lea

Lea war sechs Jahre alt, als sie zum ersten Mal die Praxis betrat. Sie sprach kaum, schaute meist auf den Boden und klammerte sich an den Ärmel ihrer Mutter. Worte waren für Sie wie fremde Inseln – weit entfernt, schwer erreichbar.

Frau Sommer, eine erfahrene Therapeutin mit ruhiger Stimme und warmen Augen, begrüßte Sie nicht mit einem Fragebogen, sondern mit einem kleinen Buch - Linus!. Es war bunt, mit Tieren, die sprechen konnten. „Das ist Leo Löwe“, sagte sie und zeigte auf die erste Seite. „Er spricht auch nicht gern. Aber weißt du was? Er hat eine Freundin gefunden, die ihm hilft.“

Lea schaute vorsichtig auf das Bild. Dann auf Frau Sommer. Und nickte.

 

Die ersten Stunden waren still. Frau Sommer sprach wenig, aber immer genau so, dass Lea sich sicher fühlte. Sie las vor, zeigte Bilder, ließ Sie mitspielen. Und irgendwann – ganz leise – sagte Lea zum ersten Mal ein Wort: „Löwe.“

Frau Sommer lächelte nicht nur. Sie strahlte. Aber sie sagte nichts Großes. Nur: „Lea-Löwe freut sich.“

Mit der Zeit wurde aus dem einen Wort ein Satz. Aus dem Satz ein Gespräch. Und aus dem Gespräch ein kleines Mädchen, das plötzlich begann, selbst Bücher zu lesen – erst stockend, dann flüssiger. Frau Sommer schrieb Ihr kleine Zettel mit Mutmach-Worten, die sie in ihrer Jackentasche sammelte. „Du kannst das.“ „Ich höre dich.“ „Du bist stark.“

Am letzten Tag der Therapie brachte Lea ein selbstgemaltes Bild mit. Darauf: Lea Löwe und Frau Sommer. Beide mit einem Buch in der Hand. Und darunter stand in krakeliger Schrift: „Danke, dass du mir meine Stimme gegeben hast.“

 

Danke an Euch alle!